Bei Bergtouren in Ecuador kann der Höhenakklimatisation nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dies gilt v.a. bei Besteigungen der 5000er, fällt aber auch bei den niedrigeren Bergen ins Gewicht. Mit 2950 m liegt Quito bereits auf einer Höhe, die zu deutlichen Symptomen fehlender Akklimatisation führen kann, sofern innerhalb kurzer Zeit von einer geringen Höhe angereist wurde. Bevor überhaupt der erste 4000er oder 5000er in Angriff genommen wird, empfiehlt sich deshalb ein einwöchiger Aufenthalt auf der Höhe des innerandinen Beckens. Die Wanderungen bietet genügend Ideen, um sich schon während dieser ersten Woche zu betätigen.
Die Schwierigkeit bei der Behandlung dieses Themas liegt vor allem in der stark individuellen Reaktion auf Höhenverlagerungen. Jede Person reagiert auf unterschiedliche Art und Weise. Es gibt Leute, die sensibler reagieren, und solche, die scheinbar immun sind in Bezug auf Höhenverlagerungen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Person jedes Mal auf dieselbe Art und Weise reagiert, wenn sie einen bestimmten Höhenunterschied in einer bestimmten Zeit bewältigt. Die Besteigung eines konkreten Berges kann viermal gut gehen und trotzdem beim fünften Mal an starken Symptomen der Höhenkrankheit scheitern, auch wenn dieselbe Taktik bei der Besteigung angewandt wurde. Die im Folgenden aufgezählten Empfelungen gelten deshalb als grobe Richtlinie. Letztlich bleibt dem Andinisten keine andere Wahl, als eigene Erfahrungen über sein individuelles Reaktionsschema zu sammeln.
Insbesondere die Besteigung der vier hohen Schneeberge, Cotopaxi, Chimborazo, Cayambe und Antisana setzt eine vorsichtige Höhenanpassung voraus. Es kann immer wieder beobachtet werden, wie leichtsinnig mit diesem Thema umgegangen wird.
Untersuchungen haben gezeigt, dass die Höhenkrankeit erst mit einer gewissen Versögerung auf die Höhenverlagerung in Erscheinung tritt. Konkret bedeutet dies, dass ein Cotopaxi vermutlich in zwei Tagen bestiegen werden könnte, wenn anstatt auf 4800 m die Übernachtung auf 4200 m vorgenommen würde. Aus diser Beobachtung folgt deshalb der Ratschlag, Übernachtungen möglichst tief anzusetzen. Die medizinische Bergliteratur leitet aus diesem Ergebnis die Regel ab, dass ab der Schwellenhöhe jedes weitere Camp nicht höher liegen sollte als 400 m über dem vergangenen Camp. Ausserdem sollte alle 2 – 3 Tage bzw. Alle 1000 Höhenmeter ein Ruhetag eingelegt werden. Wenn diese Forderung im Falle des Cotopaxi umgesetzt würde, so wären ca. 3 Akklimatisationsnächte (auf 3400 m, 3800 m und 4200 m) zu verbringen, bevor auf der Hütte (4800 m) übernachtet werden dürfte. Wenigstens eine einzige Akklimatisationsnacht auf der Höhe von 4000 m einzuplanen, ist deshalb sicher nicht übertrieben.